Lebenslauf
Franz Hillmann wurde am 30.08.1903 in Essen geboren. Seine Eltern stammten aus Thüringen (Eichsfeld) und kamen um die Jahrhundertwende ins Ruhrgebiet, weil die häusliche Weberei wegen ihrer Industrialisierung den Lebensunterhalt einer Familie nicht mehr einbrachte.

Bei Franz Hillmann zeigte sich schon in den Kinderjahren eine starke zeichnerische Begabung. Nach einer Handwerkslehre und einigen Jahren Tätigkeit im Hochbau schickte ihn sein Vater wegen eines Vorbereitungskurses zum Ingenieur-Studium in die Abendschule. Er aber besuchte heimlich einen Mal- und Zeichenkursus an der Schule in Gelsenkirchen. Sein Lehrer, W. Binroth, der Meisterschüler von Franz von Stuck in München und Studienkollege u.a. von Klee und Kandinsky war, erkannte sein Talent und gab ihm neben der Abendschule einige Jahre Privatunterricht.

Hillmanns Verehelichung mit Anna Pieper 1931 und die unruhigen Jahre des aufkommenden Nationalsozialismus veranlassten ihn, statt einer hauptberuflich künstlerischen Tätigkeit eine sichere Arbeitsstelle im Hochbau an der Zeche Zollverein in Essen zu suchen. Hier entstanden viele Zeichnungen (und später Linolschnitte) aus dem Arbeitsmilieu. Seiner Tätigkeit im Steinkohlenbergbau verdankte er der Freistellung vom Kriegsdienst.
Die stark pulsierenden Aktivitäten der Nachkriegszeit wirkten auch in seinem künstlerischen Schaffen. Seine Farbpalette wird kräftiger, die Formen werden vereinfacht und expressiv "überzogen" - oft konturierend. Er versucht neue Techniken wie Ölkreide und Misch-Techniken. Gelegentlich meint man, einen Einfluss der gegenstandslosen Kunst zu erkennen. Doch zu stark ist sein Drang zur direkten persönlichen Aussage aus seinem Umfeld, als dass er sich in kompositonelle Überlegungen verlieren könnte. Eine ehrenamtliche, über 20jährige Tätigkeit im Sozialdienst der Stadt Essen inspiriert ihn zu sozialkritischen Milieu-Themen. Es entstehen meist farbige Linolschnitte von aussagekräftiger Intensität: Müllmänner und Marktfrauen, Stadtstreicher, Taubenväter und Vereinskassierer. Kein Thema und kein Motiv ist erfunden, alles ist erlebt und geschaut.

Zugleich beginnt auch die Zeit der Einzelausstellungen. Durch die Aufnahme in den Wirtschaftsverband (Berufsverband) der Bildenden Künstler in Nordrhein-Westfalen (Bezirk Ruhr) nimmt er neben der jährlich stattfindenden Gemeinschaftsausstellungen im Essener Forum auch an Ausstellungen in anderen Städten teil, z.B. in Bonn, Aachen, Witten.
Franz Hillmann beginnt nun, Themen aus seiner Umwelt in großformatige Ölbilder umzusetzen. Gleichzeitig entdeckt er die Aussagekraft der Details, die seinen Bildern so viel Lebendigkeit verleihen. Die Motivation seines Schaffens ist immer das, was ihn bewegt und fasziniert. Es können erfreuliche oder konfrontierende Dinge, optische Farb- und Lichtreize, formale Verschachtelungen oder sphärische Stimmungen sein. Er steht nie abseits und schildert, sondern gibt Miterlebtes und für ihn Mitbewegendes wieder. Die innere Aussage, die mit dem Äußeren übereinstimmt und die "äußere Schau" lenkt, ist ihm wichtig. Seine vielen Spaziergänge ("Malgänge") in seiner teils industriellen, teils vorstädtisch-ländlichen Umgebung lassen ihn manche interessante Entdeckungen erleben. Es entstehen Bilder mit verschachtelten Hinterhöfen, Toreinfahrten mit Mülltonnen, winterlich frostige Nebelbilder und ins imaginäre Licht getauchte Industrie-Landschaften. Immer stärker wird das Licht mit allen seinen Erscheinungsformen ein wichtiger Ausdrucksfaktor in seinen Bildern.
Aber er zeigt auch kritische Themen, u.a. gegen hemmungslose sterile Stadtsanierung, gegen inhumane Wohnblocks und gegen jegliche Art brutaler Dominanz. Obwohl in seinen Ölbildern meist der dargestellte Mensch fehlt, so ist er doch - wenn auch nicht sichtbar - in jedem Bild spürbar. Das humane Sujet, das von Menschen Geprägte und das auf Menschen Reflektierte ist seine Thematik.

Eine gewisse Musikalität, die vor allem in seiner musischen Farbgebung spürbar ist, kommt nicht von ungefähr. Seit seiner Jugend ist Franz Hillmann ein begeisterter Musikliebhaber. Er spielt Konzertzither.
1976 ermöglicht ihm die Stadt Essen eine große Ausstellung über sein Lebenswerk im Ruhrlandmuseum. Aber von diesem Zeitpunkt an beginnt erst seine umfangreichste und stärkste Schaffensphase. Ob er zeichnet, aquarelliert oder in Öl malt, er arbeitet - fast niemals korrigierend - mit erstaunlicher Sicherheit nach seinem inneren Konzept.

Sein Leitspruch, dass ein Maler sich immer treu bleiben müsse, zeichnet sein ganzes Schaffen aus. Es fiel ihm aber auch relativ leicht, sich und seinem Talent treu zu bleiben. Franz Hillmann ist ein "Vollblut-Maler" alles Epigonenhafte und jegliche "Mache" widersprechen seiner Ehrlichkeit und seinem vitalen Schaffensprozess. Sein Humor, der sich auch in vielen Karikaturen äußert, hat ihn bis ins hohe Alter nicht verlassen. Wenn jüngere Künstler sich zu sehr in experimentelle Widersprüchlichkeiten verlieren, hält er oft den Ausspruch Noldes entgegen: ,,Erst kieken und dann malen!"
Viele seiner früheren Motive haben neben dem künstlerischen inzwischen auch einen historischen Wert, weil die dargestellten Mal-Objekte längst nicht mehr vorhanden sind. So ist Franz Hillmann aufgrund seiner unverfälschten, realistischen Sehweise ungewollt auch zu einem Ruhrgebiets-Milieu-Maler geworden.

Hubert Hillmann